Bei dieser Übersetzung einer Novelle ging es um die Frage: „Darf der Mensch Schicksal spielen?“ Die Novelle mit dem gleichnamigen Titel „Erben will gelernt sein“ erzählt in realistischer Art und Weise einen altbekannten Stoff. In der Novelle werden die fiktiven Personen so akribisch in ihrer Denkweise beschrieben, dass sie wie reale historische Personen wirken. Die Novelle, die wir übersetzten, handelt in der Gedankenwelt von zwei Mördern, die sich vom Schicksal ungerecht bedacht fühlten. Während des Übersetzens machte sich ein Gefühl des Unmuts breit. Alles was in der Übersetzung geschah, war schreiendes Unrecht. Natürlich steht es uns beim Übersetzen nicht zu, Partei zu ergreifen. Wir sind streng gehalten, die Intentionen des Autors getreu wiederzugeben. Und gerade das machte die Handlung so aufwühlend, da sie und ihre Übersetzung das Schicksal von drei Personen beschreibt, das immer wieder auf‘s Neue ausbalanciert wird. Die drei Handlungsstränge werden sowohl im Original als auch in der Übersetzung der Novelle so geschickt miteinander verflochten, dass man als Leser schon bald selbst die kranke und perfide Sichtweise des Mörders einnimmt. Seine selbstgerechten Kommentare stoßen beim Schmökern auf. Und dennoch scheint man in der Novelle gefangen, nicht mehr in der Lage zu sein, die Novelle beiseite zu legen, selbst wenn man nur ein wenig darin geschmökert hat.
„Während sein Gesicht nicht rot wie eine Tomate, sondern tiefrot wie ein guter alter Bordeaux-Wein anlief, traten die Äderchen an seinem Hals hervor. Fast schienen sie zu platzen. Sollte er es hinnehmen, dass der Traum seines Lebens verdämmert?! Ganz sicher nicht! Dieses Kind war das einzige, das zwischen einem riesigen Vermögen und ihm stand. Er hatte diese ältliche, schon etwas verwelkte Mutter des Kindes geheiratet und glaubte sich damit am Ziel. Doch seine neu erworbene Gattin war nichts als die Verwalterin des Vermögens der Kleinen. Der Vater hatte doch tatsächlich dem Kind alles vermacht. Und bis zur Volljährigkeit würde niemand an das Geld herankommen.“
Übersetzen fordert immer seinen Tribut. In unserem Fall verloren wir mit dem Voranschreiten der Übersetzungshandlung mehr und mehr Illusionen. Und während die Übersetzung die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele nicht mehr auszuleuchten vermochte, durchlitten wir als Übersetzer all die Intrigen rings um ein Mädchen.
„Es gab dennoch einen Ausweg. Dieser war so perfide, dass er sich mit sich selbst zufrieden zurücklehnte und lächelte. Und das kam selten genug vor. Erben will gelernt sein, so dachte er bei sich.“
Man möchte meinen, dass man mit einer reichen Erbin und einem so sorglosen Kind kein Mitleid empfinden könnte. Doch wenn all die gierigen Erbschleicher rings umher ihre gierigen Finger ausstrecken, so führt das zu Abscheu. Noch nie fühlten wir beim Übersetzen so viel Abscheu und zugleich so viel Mitgefühl mit dem Opfer, das schon fast in traumtänzerischer Sicherheit die jeweiligen Todesgefahren umgeht. Erst am Ende der Übersetzungsarbeit löste sich die fast schon unerträgliche Spannung. Man sagt ja: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“ Und in dieser Gewissheit strebt die Übersetzung der Novelle ihrem Ende zu.
„Was hatte sie sich da nur wieder ausgedacht! Gift war nachweisbar. Kupfersalze waren nun einmal hochgiftig. Und im Falle des Todes wäre wohl kaum ein Polizeikommissar auf die Idee gekommen, dass es sich um einen Unfall handeln könne. Denn derartige Substanzen gehören unter Verschluss. Wie sollte da ein dreijähriges Kind ohne eine Ausbildung zur Meisterdiebin an die giftigen Substanzen kommen. Sicher - er war seiner Frau irgendwie dankbar dafür, dass sie sich ebenfalls um die Lösung des Problems bemühte. Die bunten Kristalle waren vielleicht attraktiv für ein so kleines Kind. Wie leicht konnten sie mit Süßigkeiten verwechselt werden. Es grenzte allerdings schon an ein Wunder. Hatte dieses Kind vielleicht einen Schutzengel? Sie hatte bisher alles überlebt. Die Schüssel mit dem Eiswasser, die bunten giftigen Kristalle, sogar den Ausflug auf den Dachfirst. Er hatte sich die Hand aufgekratzt. Es hatte entsetzlich geblutet. Und das Kind war ohne jeden Kratzer davon gekommen. Über der ganzen Unternehmung schien ein Fluch zu hängen.“
Und am Ende kommt es zu einem überraschenden Finale. Das Opfer lebt immer noch völlig ahnungslos, aber es lebt. Während die Mörder in ihrer Gier, in ihrem Bestreben noch mehr Reichtum zu haben, selbst zu Tode kamen. Der überraschende Schluss versöhnt mit den etwas drastischen Mitteln. Aber vielleicht macht das die Novelle und ihre Übersetzung so packend.
„Dieses Mal würde es wirklich klappen. Das Kind würde auf dem schnellsten Wege nachhause eilen, wenn es erführe, dass sein geliebtes Rehkitz von einem Hund gerissen worden war. Allerdings war das nur die halbe Wahrheit. Man hatte das Rehkitz einfach so in seinem Gatter erschossen. Von wegen Gnadenschuss. Es war nicht einmal verletzt gewesen. Der Gnadenschuss war die reine Erfindung. Man gab sich zerknirscht, man gab sich aufgewühlt. Man trug sogar schwarz, als sei man in Trauer um das kleine süße Rehkitz, das dem Mädchen so viel bedeutete. Wäre sie erst einmal zuhause, würde sich ein Unfall ganz von selbst ergeben. Die manipulierte Leitung stand schon bereit. Und sollte das nicht klappen, so wäre ein Unfall als Beifahrer auf dem Motorrad als Plan B sicherlich ebenso effektiv. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass die Schicksalswürfel neu gemischt worden waren. Unzufrieden stieß er mit Sekttulpen an. In ihnen war der preiswerteste Champagner, den man auf dem Markt bekommen konnte. Man war ja gegen Verschwendung. Insgesamt war das Vorhaben doch nur zu gerecht. Denn was verstand dieses Teenager-Mädchen schon von Geld. Nichts. Rein gar nichts. Selbst an Macht hatte sie keinerlei Interesse. Sie war irgendwie nicht normal. Diese Stieftochter war ohnehin nicht lebensfähig. Sie verkannte offenbar jegliche Realität. Es wäre sozusagen nur ein wenig vorweggenommen. Was hätte ihr denn das Schicksal zu bieten gehabt? Mit einem solchen Charakter? Wohl kaum etwas Gutes. Er blickte sich in der Gewissheit um, dass das gefällte Todesurteil in weiser und guter Absicht – ganz nach Manier der Götter – gefällt war.“
Wir haben uns auf das Übersetzen von Novellen und historischen Romanen spezialisiert. Gerade die Details, die eine ganze Epoche neu auferstehen lassen, sind das, was wir meisterlich in unseren Übersetzungen umsetzen können. Gerade das Andersartige macht das Eintauchen in die Geschichte und das Recherchieren notwendig. Und das tiefe Einfühlen in das Leben in anderen, längst vergangenen Epochen ist unsere übersetzerische Stärke. Auch in dieser übersetzten Novelle werden sehr viele Details beschrieben. Und nur wenn alle Details in der Übersetzung bis aufs i-Tüpfelchen genau stimmen, dann wird auch der Leser nicht mehr wissen, was Fiktion ist, was Realität ist, was Geschichte ist oder eine Mischung aus alldem. Diese Übersetzung einer Novelle war für uns besonders faszinierend, da so viel Handlung in unerwarteter Weise aufeinander traf. Erben will gelernt sein!
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