Einer unserer Übersetzer hat sich auf die Übertragung von Reiseliteratur spezialisiert. Bei seiner Arbeit, die ihn manchmal an die schönsten Orte dieser Welt führt, schafft er Übersetzungen, die die gesamte Umgebung vor dem inneren Auge entstehen lassen. Die Übersetzung von Reiseliteratur reicht von der Übersetzung eines fantastischen Reiseromans bis hin zur Übersetzung von Reiseerinnerungen. Unser Übersetzer hatte das ganz große Glück, die Reiseliteratur eines sehr berühmten Autors übersetzen zu dürfen. Zunächst entführte die Übersetzung in ein Geschehen, das fantastisch erschien. Hier ein Auszug aus der Übersetzung des erwähnten Reiseromans:
Nach einer Flugreise von 7 h kamen Vater und Tochter an. Die Luft war wie eine weiche warme Hülle. Fast schon zum Anfassen.
„Weißt Du Paps, ich frage mich, warum hast du eigentlich auf ein Ferienhaus bestanden? Ich meine ein Hotel, wo man von vorn bis hinten bedient wird, wo das Frühstück schon gemacht ist… ich meine, das verstehe ich unter Urlaub.“
„Wir sind 18 Jahre lang immer nach Schleswig Holstein in ein Ferienhaus gefahren. War es nicht schön in Niendorf?“
„Ja Paps, das war der absolute Brüller.“
„Schau mal Paps, da sind Palmen.“
„Das möchte auch schon sein, bei dem Preis“, grummelte er.
„Sieh mal Paps, da ist die Frau von unserem Reiseveranstalter.“
Der Vater wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und schnaufte: „Sprechen Sie deutsch?“
„Non, je regrète.“
Zu Anne gewandt nörgelte er: „Die spricht kein Wort deutsch und ihr Auto hat hinten eine Riesenbeule an der Stoßstange.“
„Ja Paps und das nicht nur hinten.“
Im Auto grummelte er: „Wieso hat das Fräulein vom Reisebüro nicht gesagt, dass die gar kein Deutsch spricht.“
„Paps, reg dich nicht auf. Das liegt daran, dass es eine französische Insel ist.“
Die Übersetzung der Reiseliteratur hat natürlich auch einen speziellen Reiz, nämlich den des Fernen und Geheimnisvollen. In diesem Fall hat unser Übersetzer die Architektur einer Karibikinsel beschreiben dürfen. In seiner Übersetzung wird die Farbigkeit und Leichtigkeit deutlich. Das ist eine der großen Gaben eines Reiseliteratur-Übersetzers – die Gabe, mit Worten Farben entstehen zu lassen. Manche Begriffe sind in der Fremdsprache nicht ganz so einfach zu erfassen. Wie beschreibt man Früchte, die so selten und exotisch sind, dass sie kaum jemand je zu Gesicht bekommen hat? Soll der Übersetzer dann eine Erklärung geben? Und wenn ja, soll er sie in die Übersetzung einfließen lassen? Oder soll er besser eine Fußnote anbringen? Unsere Übersetzer für Reiseliteratur ist sehr geschickt beim Anbringen von Erklärungen, die nötig sind, um die Übersetzung zu verstehen. Der fantastische Reiseführer, der sich nun anschließt und die Stadt beschreibt, ist wie selbstverständlich Teil in diesem fantastischen Reiseroman. Aber da es um die literarische Umsetzung geht – auch in der Übersetzung – ist die Übersetzung eines Reiseromans oder von Reiseliteratur nicht unbedingt ein getreues Abbild der Realität, sondern vielmehr der Handlungsrahmen, vor dem die Protagonisten agieren. In der Übersetzung wird die Umgebung ganz geschickt zur Charakterisierung der Stimmung eingesetzt. Hier ein weiteres Beispiel aus der Übersetzung:
Nach einigen Kilometern Fahrt durch Zuckerrohrfelder und Weideflächen mit Kühen darauf, bog der Wagen in eine Nebenstraße ein. Bald sah man farbenfrohe Häuser in karibisch verspieltem Stil. Blüten, Palmen. Einige der Häuser hatten Pools.
„Jetzt weiß ich“, sprach Anne, „warum Mami immer in die Karibik wollte.“ Sofort verstummte sie. Aber Mami war nicht hier.
Die Frau vor Ort, die sich Madame Sage nannte, bog noch einmal nach rechts ab, der Wagen holperte über ein paar spitze Steine. Das war es also. Nun gut. Der Garten war noch nicht angelegt. Wie frisch planiert. Aber das Haus stand. Das hellblaue Dach gleißte unter einem unglaublich blauem Himmel. Und die wehenden Gardinen versprühten den Hauch von Leichtsinn, den die Karibik verspricht. Und dann war da noch dieser blaue Pool. Das Wasser kräuselte sich leicht und die Pumpe, die das Wasser filterte, surrte vor sich hin.
Anne lies ihre Hand durch das Wasser gleiten. Es war angenehm warm. Der Bretterzaun wurde von Bougainvilleas überwuchert. Während Madame Sage eine Liste mit der Anzahl von Löffeln und Gabeln, Tassen und Tellern und einiges klein Gedruckte da ließ und angab, morgen wieder zu kommen, blickten Vater und Tochter auf die Inneneinrichtung. Geschmackvoll. Da waren sich beide einig. Kolonialstil, edel und wirklich stimmig. Drei Bäder, die noch nach frischem Haus rochen.
Der Vater sprach: „Du, ich muss mich jetzt erst mal frisch machen. Aber die da soll warten, also die Dingens vor Ort. Soll uns die Sehenswürdigkeiten zeigen, falls die da welche haben.“
„Wir könnten uns ja auch in einer Stunde hier verabreden“, schlug Anne vor.
Und zu der jungen Französin gewandt, die etwa Mitte zwanzig schien, sprach sie: „Je propose un rendez-vous dans une heure. Mon père souhaite voire les lieux touristiques.“ Und sie fügte hinzu: „ja heute noch, und vielleicht ein Supermarché für Getränke.“
Madame Sage war schon gegangen, da rief der Vater aus dem Bad, das nach Osten gelegen war: „Sie soll sich bloß nicht verspäten. Deutsche Pünktlichkeit, ohne die ...“
Aber Anne hörte schon nicht mehr zu. Sie war im anderen Bad unter die Dusche gesprungen und dachte einen Augenblick nach. Im Koffer wühlen, oder…
Sie entschied sich für das oder.
So wie Gott sie erschaffen hatte, trat sie hinaus auf die brühheiße Terrasse und stieg in den Pool.
So ein Blödsinn konnte aber auch nur mir passieren, dachte Anne bei sich: „Im Paradies mit Paps.“
Sie zog ihre Bahnen und stieg dann aus dem Wasser, bevor ihr Vater noch einen Herzinfarkt bekam. Denn so langsam müsste er jetzt auch dabei sein, nach dem Rasieren seine drei Duftwässerchen zu vernebeln.
Ja wenigstens ließ es sich nicht gehen. Aber er hatte Mami nicht ein einziges Mal erwähnt in den letzten 36 h.
Anne öffnete den Koffer und fand ihren Bikini, den sie anzog.
Sie zog eine der sechs Poolliegen zurück in den Schatten der überdachten Terrasse und ließ es sich gut gehen.
Der Vater kam raus und sprach: „Ein knapperes Teil konntest du wohl nicht finden? Sofort umziehen. Pummelchen, du weißt doch, du hast nicht die Figur dazu.“
Anne lächelte in sich hinein. „Wenn der wüsste. Besser nicht. Sie biss sich auf die Unterlippe.“
Während zu Beginn der Übersetzung noch kleine Missverständnisse vorwiegend, so wird im weiteren Verlauf der Übersetzung des fantastischen Reiseromans deutlich, wie die Grenzen von Realität und Wirklichkeit verschwimmen:
Sie fragte sich, wie es ihre Mami nur so lange bei diesem Nörgler aushalten konnte. Klar, sie würde nie heiraten. Und das war alles seine Schuld. So wie er immer das Zepter schwang. Er hatte Mami sogar verboten, sich zu schminken. Immer hatte er die Zügel in der Hand. Ihre Mutter hatte eine Engelsgeduld mit ihm gehabt. Und jetzt war sie entweder tot oder, und das hoffte sie sehr, eine Krähe. Krähen sind frei. Krähen sind intelligente Vögel. Ja vielleicht war es für Anne möglich, ihre Mutter schlussendlich zu rehabilitieren. Eine verrückte Mutter, das war nicht gerade etwas, was man leicht beiseite tat.
Bei der Übersetzung von Reiseliteratur kommt es natürlich auch darauf an, die Bauweise in einem fremden Land zu kennen. Nur so kann der Übersetzer nachvollziehen, was der Autor meint. Und erst das richtige Begreifen des Ausgangstextes - in diesem Falle des französischen Romans - ermöglicht das richtige Übersetzen. Denn Übersetzen ist in erster Linie Verstehen. Hier ein Beispiel für ein Detail in der Übersetzung, das landestypisch ist:
Irgendwie muss ich den Paps mal abschütteln. Irgendwo muss ja auch ein Strand sein. Eine Insel, die liegt mitten im Meer. Auf dem Weg hierher hatte sie ein halbes Dutzend halb verfallene Türme zwischen den Zuckerrohrfeldern gesehen, zweimal in der Ferne Meereshorizont, aber noch keinen Strand und auch, von der Inselhauptstadt mal abgesehen, noch keine Stadt, nur kleine adrette Siedlungen mit Ziegen nebenan.
Eine gute Übersetzung wäre keine gute Übersetzung, wenn sie nicht einen Spannungsbogen aufbauen würde und diesen über den gesamten Erzählungsstrang aufrechterhält. Auch bei übersetzter Reiseliteratur ist eine spannende Handlung durchaus möglich. In diesem Fall galt es, den Roman und die Reise miteinander zu verbinden. Die Übersetzung musste also beiden Besonderheiten gerecht werden:
Sie war gerade dabei, sich zu erheben, da ertönte ein Ruf: „Coucou.“ Eine dralle Nachbarin grinste über den Zaun. Aber sie schien kein Wort zu verstehen. Dabei war Anne in Französisch gut, sogar spitze, seit der letzten Fashionshow in Paris. Sie war gerade dabei zu fragen: „Ou est-ce que...“
Doch da war schon Paps. „Fräulein, ich zähle bis drei.“
Das Gewitter zwischen seinen eng stehenden Augenbrauen hatte eine tiefe Furche gegraben, die sich augenblicklich glättete. Die im Decolleté krebsrote Blondine schien ihm überaus zu gefallen. Er legte sein Sonntagslächeln auf.
Und hinter ihr erhob sich ein Zwei-Meter-Mann von der Liege. In rosa Surfer-Höschen. Antoin. Der schien Paps weit weniger zu gefallen. Da waren sie schon wieder, diese schmalen Lippen.
Anne verdrückte sich, um sich ein Kleid überzuziehen.
Wie es der Zufall wollte, stammte Antoin aus dem Elsass und sprach ganz passabel Deutsch. Anne dachte bei sich, so etwas kann sich auch nur so ein durchtrainierter Herkules wagen – rosa Höschen. Dazu ein Hemd in Babyblau.
Nach Küsschen, Küsschen, gingen die beiden wieder ihrem süßen Nichtstun nach.
Paps war ärgerlich: „Keine Arbeitsdisziplin, diese Franzosen, wir Deutschen sind größter Nettozahler.“ Er schaute gereizt auf seine Armbanduhr. „Wo diese Dingens bloß bleibt!“
Nach nur 10 min saßen die beiden im Auto von Madame Sage, der Frau vor Ort. Ein Kleinwagen, noch dazu französisch, wie Paps bemerkte.
Anne dachte an ihren Job in Paris letzte Woche, der es ihr ermöglichen würde, trotz Studium ohne Papas und Mamis Geld auszukommen.
Mami war gerade erst 42 geworden und schon...tot. Aber vielleicht auch nicht. Anne war fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen.
Da spürte sie den Ellenbogen von Paps in der Seite. Ach ja, er verstand kein Französisch trotz drei verschiedener sehr teurer Crash-Kurse.
Anne dolmetschte: Sie waren auf dem Weg zum Supermarché und zur Porte Enfer, was soviel wie Höllentor bedeutet. Das Wahrzeichen von Sainte Marie.
Es ging vorbei an hübschen Villen hinter hohen Zäunen und Toren. Das Wohnviertel hatte seine kleine Privatstraße. Alles sah so nach Rasensprengeridylle aus, dass Anne sich wunderte, wie die Kleinanzeigen in der Zeitung, die sie alleine am Flughafen gekauft hatte, dazu passten.
Acht Kleinanzeigen, die jeweils den Dienst eines Mediums anpriesen. Voodoo für jeden Zweck. Die einen versprachen Hilfe bei Geldsorgen, die anderen bei Liebesnöten und andere hielten Kontakt mit den Toten, aber auch den Untoten.
Während die Übersetzung dieser speziellen Reiseliteratur voranschritt, wurde unserem Übersetzer klar, dass der fantastische Roman, wie in seiner Beschreibung angekündigt wurde, tatsächlich einige fantastische Elemente enthielt. Gerade der fantastische Charakter des Romans, der sich in eine Art Reiseerzählung kleidet, hält den Leser der fertigen Übersetzung in Atem. Auch unser Übersetzer war sich zunehmend unsicher, ob der Roman realistisch oder komplett surrealistisch anzusehen war. Einerseits enthielt die erstellte Übersetzung sehr viele Details. Andererseits aber auch eine Stimmung, bei der man das Knistern förmlich nur so spürte. Hier ein weiterer Abschnitt aus der in unserem Übersetzungsbüro erstellten Reiseroman-Übersetzung:
Anne erwachte aus ihrer Tagträumerei. Die Straße führte nun durch eine absolut menschenleere Stadt. Große herabgelassene Rollläden in orange, gelb oder lila zeigten Läden an. Die Häuser klebten direkt am Bürgersteig, der von der Straße durch einen tiefen Graben getrennt war. Hier erwartete man offensichtlich sturzflutartige Regengüsse.
Paps fand die Klimaanlage zu laut und meinte zu Madame Sage, dass wohl die Entscheidung für eine Farbe pro Etage bei denen schon zu viel verlangt sei.
„Bei denen, wer sind die?“, fragte sich Anne. Die Straßen und die senkrecht darauf stoßenden Nebenstraßen waren immer noch wie ausgestorben. Dafür jede Menge auf immer verlassen wirkende geparkte Autos, alle entlang der Straße.
Ob die Untoten erst nachts erwachen? Anne fand es nun selbst töricht, an etwas geglaubt zu haben, was nicht in ihre Weltsicht passte und doch real schien. Sie atmete tief. Diese unwirkliche Stadt mit all ihren nicht vorhandenen Bewohnern war hier, aber nur sie schien sie wahrzunehmen.
Plötzlich brannten sich die Augen jener Krähe auf der Leitung in ihr Gehirn ein. Augen, die so eindringlich und vertraut blickten, als ob sie ihr etwas sagen wollten. Über 6000 km von zu Hause weg und immer noch keine anderen Gedanken. Anne spürte einen trockenen Mund. War das der Geschmack von Verlassensein? Ihre Mami hatte ihr noch nie so gefehlt, wie in diesem Augenblick.
„Da, ein Gemüseladen, der geöffnet ist.“
Sie hatte, ohne es selbst zu bemerken, laut gesprochen, fast schon geschrien.
Der Laden war zur Straßenfront hin durch zwei Treppenstufen getrennt. Die Vorderfront des Hauses, das einen merkwürdigen Baustil aufwies, bestand aus kaum mehr als zwei Holztüren und einem Pfeiler dazwischen. Die ausgefahrene Markise überspannte einen groben Holztisch, der von Wind und Wetter schon ganz grau geworden war. Auf ihm lagen Ananas, grüne Papayas und Zwiebeln nebeneinander, was eine seltsame, aber nicht unangenehme Duftmischung ergab. Der pultartige Tisch hatte die Größe von zwei Armlängen und versperrte fast den Zugang. Merkwürdige Art, Kunden hereinzulocken.
Statt zum Getränkekühlschrank an der linken Wand zu gehen, fixierte Anne die rechte Tür. Sie bestand im wesentlichen aus ein paar grell orangefarbenen senkrechten Brettern, die oben und unten durch ein Querbrett in Dunkelgrün zusammengehalten wurden. Zusammen mit dem von rechts oben nach links unten verlaufenden Brett, ebenfalls in Dunkelgrün, ergab sich der Buchstabe Z.
Das ist es, dachte Anne bei sich. Das ist ein kreolisches Haus. Etwas ähnliches, wie dieses Z habe ich schon gesehen. Google kann hilfreich sein, dachte sich Anne, während sie ausstieg.
Sie musste ein paar Schritte zurück laufen. Der Laden war menschenleer und dennoch sagte irgendetwas in ihr, dass sie eintreten sollte. Rechts entlang der Wand wieder ein Tisch. Diesmal mit plattgebügelten schaufelgroßen Fischen. Von ihnen ging ein starker Geruch aus, der die Luft schwer machte. Anne hätte sie am liebsten von sich weggeschoben, das Einatmen kostete Überwindung. Dahinter Knollen und braune Wurzeln, die sie nicht kannte. Es folgten grüne birnenartige Gebilde, die ganz offensichtlich keine Birnen waren. (Christophine stand mit Hand geschrieben darüber). Die Wandfarbe war von gelb über orange zu rotbraun übergegangen, was das spärliche Licht, was von den beiden schmalen Türöffnungen bis hierher drang, förmlich verschluckte.
Anne nahm ihre Sonnenbrille ab und stellte fest, dass die hintere Wand eine Tür aufwies. Ebenfalls rotbraun und fast unsichtbar.
Davor, wiederum wie ein Hindernis, das den Zugang verstellte, ein kunstvoll verziertes rundes Tischchen auf Ziegenpfotenbeinen, die so echt aussahen, dass Anne zweimal nachsah: doch sie waren aus Holz, stellte sie zu ihrer Erleichterung fest.
War die Visitenkarte schon da gewesen? Anne konnte sich nicht erinnern. Ja das kleine Tablett mit Spitzendeckchen und die Korallenstückchen und die Heiligenbilder, die hatte sie bemerkt.
Sie streckte die Hand aus und ihr Herz begann zu rasen. Irgendjemand war hier, direkt hinter der Tür. Sie war neugierig, wollte lesen, wollte bleiben, wollte davonlaufen, wollte Antworten und auch lieber keine.
Da stand in pragmatischer Schrift: Médium. Was soviel heißt wie Medium.
Sie war sich nicht sicher, ob man eine solche Person, eine Magierin, eine Heilerin, sie scheute sich das Wort zu denken. Ob man, und sie sammelte ihre Gedanken, eine Voodoopriesterin einfach so stören durfte.
Die Frage erübrigte sich. Die Tür war lautlos einen Spalt von etwa 5 cm aufgegangen.
Eine schlanke Frau von etwa 50 Jahren, in einem weitem, gelb-grün-karierten Kleid mit artigem Spitzensaum an den Ärmeln saß reglos und völlig entspannt auf einem weißen Gartenstuhl. Hinter ihr eine Marienstatue vor himmelblauer Wand. In einer Bodenvase standen rote Ingwerplanzen. Die Zapfenartigen leuchtend roten Blüten überragten fast Annes Augen.
Die Frau, die eher an eine geduldige Lehrerin, als das, was sie war, erinnerte, schien Anne erwartet zu haben.
Anne hatte Fragen. Zu gerne hätte sie gewusst, ob ihre Mutter lebte oder wenn nicht, ob sie tatsächlich verrückt geworden war und wenn ja, ob sie selbst das gleiche Schicksal erwartete.
Sie hatte sich vorab im Internet informiert, aber sie war nicht vorbereitet. Hatte kein Blüten- oder Obstopfer dabei. Sie legte 50 Euro auf ein Tablett, dass zu diesem Zweck wohl diente.
Zerstreut murmelte sie: „Bonjour“ – natürlich war ihr das Wort für Krähe, das sie bei LEO nachgeschlagen hatte, ausgerechnet in diesem Moment entfallen.
Die Frau lächelte, ergriff Anns Unterarm mit ihrer linken Hand, und sprach: „Ma sœur.“ Dabei gab sie das Geld höflich, aber entschieden mit der rechten Hand zurück.
Anne entdeckte auf dem Handrücken ein Tattoo, das sie an den Greif eines Greifvogels, nein sie wusste, dass sie sich selbst belog. Das sie an den Greif einer Krähe erinnerte.
Was meinte die Voodoopriesterin mit „Ma sœur“, was meine Schwester bedeutete? Gleichzeitig ergoss sich ein Redeschwall in Kreolisch, dem sie nicht folgen konnte. Die Frau schien Gedanken lesen zu können und sprach nun in akzentfreiem Französisch: „Morgen Abend, morgen Abend nach Einbruch der Nacht werden wir sie befragen.“
Sie setzte sich ohne ein weiteres Wort auf den weißen Gartenstuhl und schien überraschend erschöpft, denn sie schloss die Augen.
Anne war bereits einen Schritt auf die Tür zugegangen und sah sich um, nur um sich zu vergewissern, dass es der Frau gut ging.
Plötzlich sprach diese, und es klang als würde jemand anderes durch sie sprechen: „Folge nicht der Krähe.“
Anne traf es wie ein Blitz. Diese Mulattin hatte soeben Deutsch gesprochen, noch dazu mit diesem seltenen süddeutschen Dialekt, dem Dialekt ihrer Heimat.
Sie wollte fragen, eine Erklärung. Doch sie spürte, dass es Zeit war zu gehen.
Ob die Übersetzung von Reiseliteratur in Richtung Reisetagebuch oder in Richtung Reiseerinnerungen geht, ist bei der Übersetzung relativ wichtig. Warum? Die Übersetzung eines Reisetagebuchs ist streng genommen chronologisch aufgebaut und eher stichpunktartig. Bei der Übersetzung von Reiseerinnerungen geht es dagegen eher um Empfindungen, Ausschmückungen und die Innenwelt des Autors oder der Autorin. In unserem Fall trug der fantastische Reiseroman stark autobiografische Züge, die bei der Übersetzung manchmal zu Verwunderung führten. Wie kam es zu dem gespaltenen Verhältnis der Romanheldin zu ihrem Vater? Und welche Rolle nahm dabei die Mutter ein? Selbst gegen Ende der Übersetzung wurden diese Fragen noch nicht endgültig geklärt. Aber vielleicht macht gerade das den Zauber an dieser Art der Reiseliteratur aus. Vielleicht macht dies die Übersetzung der Reiseliteratur zu einem Genuss oder zu einer Pein. Es ist die Gratwanderung des Übersetzers zwischen innerer und äußerer Realität, die bei diesem Reiseroman stark ins Fantastische geht. Unmerklich wird man in eine Welt hineingezogen, die einerseits so real und andererseits so fantastisch erscheint, also unreal, wenn man so will. Beim Übersetzen von Reiseliteratur geht es sonst eher sachlich zu. Meist werden die Sehenswürdigkeiten aufgelistet. Sie werden sogar nach Rangordnung angeboten. Natürlich übersetzen wir auch Reiseführer. Hierbei werden die Sehenswürdigkeiten mit Sternchen nach ihrer Priorität geordnet. Aber nicht so bei diesem fantastischen Roman. In der Übersetzung wird die Sehenswürdigkeit auf der einen Seite fantastisch überhöht, auf der anderen Seite durch die grasenden Kühe ins Alltägliche, fast schon Banale, zurückgeholt. Unser Übersetzer von Reiseliteratur musste somit einen Spagat vollführen. Einerseits ging es darum, den fantastischen Reiseroman so getreu wie möglich zu übersetzen, ihm andererseits aber auch genügend Freiraum zu lassen, sprich - nicht allzu treu, nicht allzu wortwörtlich zu übersetzen. Bei der Übersetzung des fantastischen Reiseromans ging es vielmehr darum, die innere Entwicklung der Protagonistin festzuhalten. Falls Sie den Übersetzungspreis für einen eigenen Reiseroman erfahren möchten, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Das Angebot unseres Übersetzungsbüros umfasst die gesamte Palette an Reiseliteratur. Diese übersetzen wir aus den Sprachen Englisch, Dänisch, Kroatisch, Französisch und Albanisch ins Deutsche. Schwerpunkt unserer Reiseroman-Übersetzungen bilden Übersetzungen aus dem Französischen ins Deutsche. Selten übersetzen wir auch in der Sprachkombination Englisch Französisch oder Französisch Englisch. Selbstverständlich gilt bei der Übersetzung von Reiseliteratur das Muttersprachenprinzip. Das bedeutet, dass eine Französisch-Deutsch-Übersetzung von einem deutschen Muttersprachler angefertigt wird, während eine Deutsch-Französisch-Übersetzung von einem französischen Muttersprachler erstellt wird. Falls Sie Fragen dazu haben sollten, wenden Sie sich bitte über das nachstehende Formular an unsere Übersetzungsbüros.
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